100% BUER vom 01.12.2018 – Leser-Event-Report von Matthias Söngen
Foto: John Grant
Die „We can’t dance on Broadway Tour“ gastierte mit großem Erfolg in Gladbeck.
Jede Beziehung hat mit Erwartungen zu tun. Da werden Erwartungen erfüllt oder aber Vorurteile bestätigt. Da werden Hoffnungen geschürt oder aber Zweifel aufgebaut. So habe ich es immer vermieden, Coverbands zu hören oder gar anzusehen. Dann überredete mich Charly Rinne, mir die Genesis-Tribute-Band „Geneses“ anzusehen. Seine Überredungskünste ließen mich dann mit allen Vorurteilen behaftet zum Konzert fahren. Was sollte das schon werden? Selbst, wenn es die bekannteste und größte europäische Tribute-Band war, hörte es sich für mich an wie eine engagierte Schülerband. Ich hatte Peter Gabriel bei Genesis gesehen und später Phil Collins als seinen Nachfolger. Da konnte ich mir doch besser CDs anhören. Da verspielt sich wenigstens niemand.
So kam ich dann in Gladbeck in der Stadthalle an. Das Publikum durchaus gemischt. Von Zwanzigjährigen bis zu späten Sechzigern war alles vertreten und langsam füllte sich die Halle. Alle voller Ungeduld und gespannt. Auf der Bühne zwei Schlagzeuge, ein recht ordentlicher Keyboard-Aufbau und mehrere Gitarren. Immerhin mehr als ich erwartet hatte. In der Mitte des Saales die Technik für Ton und Licht. Auch das durchaus weit über den Erwartungen meiner Vorurteile.
Dann verdunkelte sich der Saal und Genesis’ Melodien wechselten in schneller Reihenfolge. Schließlich kam auch die Band auf die Bühne und begann zu spielen. Schon frohlockte ich innerlich. Musikalisch sehr nah am Original, aber beim Gesang war nicht jedes Wort zu verstehen. Gerade bei einer so textlastigen Musik wie der von Genesis ein Sakrileg. Das ging so gar nicht bei diesen Stücken. Meine Vorurteile freuten sich. Beim Song danach war es ganz anders. Jedes Wort klar und deutlich, jede Note saß.
Dumm, wenn man mit Vorurteilen behaftet so ein Konzert besucht. Dumm, wenn in wenigen Minuten die Vorurteile weggespielt sind. „Geneses“ begann zu tanzen – und was für einen Tanz sie vollführten. Permanent wechselten sich Songs aus der Ära Phil Collins und „We can’t Dance“ mit Stücken von „The Lamb lies down on Broadway“ ab. Alex van den Berg, der Sänger, ist vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, der bessere Phil-Collins-Interpret, aber auch die Siebzigerjahre-Gabriel-Stücke klangen insgesamt perfekt bei ihm. Auf jeden Fall viel besser als erwartet. Die Herzen der vielen Zuschauer waren in Minuten gewonnen, als sich „Mama“ mit „In the Cage“ oder „Land of Confusion“ mit „Carpet Crawlers“ abwechselte.
Musikalisch sehr nah am Original und dennoch verlieh die Band in ihren Interpretationen den Titeln einen eigenen Stempel. Eigentlich hatte ich gedacht, die Gratwanderung zwischen Prog-Rock und Pop sei zu schwierig für eine Tribute-Band und eine zu große Herausforderung. Manchmal ist es aber schön, Vorurteile über Bord werfen zu können, was ich voller Freude tat. Herausforderung gemeistert, Geneses!
Selbst das Schlagzeugdoppelspiel, das Duett der zwei Schlagzeuger Alex van den Berg und Kim Schwarz, perfekt, mehr kann ich nicht sagen.
Als dann irgendwann „Los Endos“ erklang, war die Zeit wie im Flug vergangen und die vom Publikum eingeforderte Zugabe („Turn it on again“) war viel zu schnell vorbei. Die Band hatte getanzt. Der Sound war bestens ausgesteuert und bot einen satten Klangteppich, wobei sicher auch die abwechslungsreiche Lichtshow ihren Teil zum gelungenen Gesamtkonzept beisteuerte. Tribut mehr als gelungen!
Vorurteile weggespielt, Erwartungen weit übertroffen. Jederzeit wieder, Geneses! Freu mich schon auf das nächste Konzert.
P.S. Dank an Veranstalter Charly Rinne fürs Überreden und dafür, diese Show in Gladbeck möglich gemacht zu haben!