Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 13.04.2018 von Uli Speicher

Sehr nah am Original

Tribute-Bands haben Konjuktur und füllen Hallen und Säle, von denen Bands mit eigenem Songmaterial nur träumen können. Ensprechend gespannt war ich, als ich am Freitagabend das mit rund 420 Besuchern gut gefüllte Audimax der Uni betrat. Was ich die nächsten zwei Stunden bei Geneses erleben durfte, war in der Tat äußerst beeindruckend. Glasklarer wuchtiger Sound, gepaart mit einer Lightshow vom allerfeinsten, perfektes aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel.

Los ging es mit “Mama”, “Land Of Confuision” und “No Son Of Mine” aus den 80ern. Der Schwerpunkt lag überhaupt auf der mittleren bis späten Genesis-Ära – nach dem Ausstieg von Peter Gabriel 1975, als sich ihr Progressive Rock hin zu einer Massen-kompatiblen Pop/Rock-Ausrichtung wandelte. Gerade die Songs dieser Übergangsphase von Progrock zum Mainstream bildeten für mich die Höhepunkte der Show – Perlen wie “Afterglow”, “Dance On A Volcano” und das bombastische, hervorragend präzise gespielte “Los Endos”.

Mit einem Medley bestehend aus “In The Cage” und “Cinemashow” wurde neben “Firth Of Fifth”, “Carpet Crawler” und “I Know What I Like” die Peter Gabriel-Ära gestreift. Imposant hierbei der legendäre Tambourine dance von Phil Collins, von Genesis Frontman Alex van den Berg in der Doppelfunktion Gesang/Schlagzeug hervorragend gemeistert. Sein Drum-Stil ist nahezu perfekt von Phil Collins adaptiert. Darüberhinaus gab es ein traumwandlerisches Zusammenspiel mit dem zweiten Drummer Kim Schwarz, was unweigerlich an Seconds Out erinnert, eine der großen Live-Doppelalben der 70er Jahre.

Erwähnenswert auch, besonders in den längeren Instrumentalpassagen, das virtuose Tastenspiel von Bert Böttcher. Ebenso das Bassspiel von Viktor Sirjanow, der nebenbei mit den Füßen noch die mächtigen Moog-Taurus-Basspedale bediente, die bei Genesis von Anfang an eine tragende Rolle spielte. Und auch die Gitarre von Kai Hildebrand, der sich mehr am späteren Tour-Gitrarristen Daryl Stuermer als an Steve Hackett orientiert. In dem Zusammenspiel war sehr viel Leidenschaft zu spüren, ohne sklavische Abhängigkeit von den Originalsongs, so dass das komplette Konzert sehr lebendig performed wurde – was vom Publikum entsprechend euphorisch aufgenommen wurde.

Als großer Fan der Epoche mit Peter Gabriel hätte ich mir das Epos “Suppers Ready” gewünscht, aber dafür gibt es ja die kanadische Band Musical Box, die sich ausschließlich der Frühphase von Genesis widmet. Insofern ist Geneses eine sehr gute Ergänzung, die sich eher dem späteren Werk der Progrock- und Pop-Giganten zuwendet.

Zur Person:
Uli Speicher, 55, ist mit dem Sound großer Gruppen wie Pink Floyd, Genesis oder Yes aufgewachsen. Vielen Hildesheimer Bands von den Horny Chips Munks bis The Match hat er als Lead Gitarrist seinen Stempel aufgedrückt. Im vorigen Jahr hat er gemeinsam mit Sebastian Daume und Ingo Theismann das Pink-Floyd-Coverprojekt “Eclipsed By The Moon” gegründet. Freitag, 25. Mai ist “Eclipsed” mit aufwändiger Lightshow um 20 Uhr beim Open Air im Kurpark Bad Salzdetfurth zu erleben.