Westfälische Nachrichten vom 18.02.2019 von Christiane Nitsche

Das muss ihnen erst mal jemand nachmachen: Als Alex van den Berg und Kim Schwarz von „Geneses“ ihr fulminantes Unisono-Drum Duett abliefern, haben sie über zwei Stunden Programm hinter sich. Zwei Stunden mit so komplexen, epischen Songs wie „The Lamb Lies Down on Broadway“, „The Chamber of 32 Doors“ oder „Driving the Last Spike“. Doch das Beste kommt zum Schluss: Die beiden Schlagzeuger setzen der Begeisterung der rund 300 Gäste in der Bürgerhalle noch eins drauf.

Man ist quasi unter sich. „Hier ist Fachpublikum anwesend“, stellt Frontmann Alex van den Berg schnell fest. Tatsächlich sind eingefleischte Genesis-Fans im Saal – erkennbar an den Begeisterungsrufen, wenn van den Berg mal wieder einen weniger bekannten Titel seiner Lieblingsband ankündigt. Erkennbar aber auch an der Geduld der Fans mit bei aller Professionalität doch aufblitzenden Schwächen. So ist van den Berg ein exzellenter Drummer, aber seine Stimme vermisst doch die Spannbreite und die energische Aggressivität eines Peter Gabriel oder das charakteristische, klirrende Pitchen, wenn Phil Collins in die Kopfstimme wechselt.

Die Akustik der Bürgerhalle stellt zudem die Techniker der Band auf eine Probe, weshalb wohl einige Gäste im Lauf des Abends auf weiter hinten gelegene Plätze wechseln – manchen ist zu viel Dampf auf den Boxen. Und auch mit dem stetigen Wechsel zwischen Stücken aus den beiden Hochphasen von Genesis in den 70er- und Anfang der 90er-Jahre haben manche ihre Probleme. Aber so ist das eben, wenn die Idole von einst eine so umfassende Wandlung durchleben wie Genesis das tat, vom Progressive Rock mit komplex durcharrangierten Konzeptalben wie „The Lamb Lies Down on Broadway“ zum Rockpop-Mainstream mit Tanzbarem wie „I Can‘t Dance“ und Jesus He Knows Me“.

Das ist wohl die größte Leistung des Abends: Die Band trägt dem wechselvollen Charakter ihres Vorbilds Rechnung und macht alles andere wett mit instrumentaler Klasse – Kai Hildebrand als erstklassiger Gitarrist, Bert Böttcher an den Keyboards, die für Genesis so tonangebend waren wie bei kaum einer Band ihrer Zeit, Viktor Sirjanow am Bass, der trotz seiner Jugend so cool wie Mike Rutherford das Understatement zelebriert, und natürlich der großartige Kim Schwarz an den Drums, zeitweilig unterstützt von van den Berg, der sonst seine Brötchen auch als Schlagzeuglehrer verdient. Nicht zu vergessen eine Light Show, die hervorragend dosiert die Wirkung der Songs untermalt, etwa wenn zu „Lily-white Lilith“ ein Weißlichtschleier feengleich durch die Band schwebt.

Und dann ist da ja noch das Bonbon zum Schluss, das endgültig alle Begeisterungsdämme brechen lässt: Das Schlagzeug-Duett, das an das legendäre Wembley-Konzert von 1987 auf der „Invisible Touch-Tour“ erinnert, als Phil Collins und Chester Thompson sechs Minuten lang die Drums bearbeiteten, bevor die Band (genau wie in Gronau) zu „Los Endos“ einstieg – das nachzumachen, das soll „Geneses“ mal jemand nachmachen!