Stärkere und schwächere Versionen

Emder Zeitung vom 16.01.2017

Von Karl-Heinz Janssen

320 Zuschauer erlebten im Neuen Theater den Auftritt der Tribute-Band Geneses.

Emden. Normale Cover-Bands begnügen sich üblerweise damit, es auf der Bühne genauso klingen zu lassen, wie die großen Vorbilder. Dabei helfen ihnen oft häufiger als man glaubt – vorgefertigte, nur abgespielte Playback-Aufnahmen, um möglichst echt zu wirken. Ein Verfahren, das nicht Sache der Band Geneses ist.

Tatsächlich sind die Braunschweiger nicht nur willens, sondern auch fähig, einen Großteil auch schwierigster Geneses-Originalparts in Handarbeit live vorzuspielen. Alle Stücke an diesem Abend wurden mit höchster Sorgfalt vorgetragen, das Quintett erfüllte spieltechnisch die hohen Erwartungen.

Weil bei Genesis nach dem Ausscheiden von Sänger Peter Gabriel erstaunlicherweise Schlagzeuger Phil Collins den Leadgesang übernahm, arbeiteten die Originale bei Konzerten immer mit zwei Drummern, ein Phänomen, dem sich auch Geneses verpflichtet fühlt. Man erlebte das sehr schön bei „Los Endos” (vom Album Seconds Out). Kim Schwarz und Sänger Alex von den Berg machten hier an zwei Sets so ziemlich genau das, womit Collins und Chester Thompson Mitte der Siebziger begeistert hatten – herrlich, das Mal in Emden live zu erleben.

Beim Schreiben der Zahlen zittern einem fast die Hände: Unglaubliche 40 Jahre sind seit Seconds Out vergangen. Die unsterbliche Qualität dieser Musik, das immer noch große, weltweite Interesse an Genesis hat uns fast vergessen lassen, ein wie uralter, aber eben immer noch hochwertiger Hut diese Band mittlerweile ist, nicht anders als die Kollegen von Pink Floyd, Yes oder Emerson, Lake & Palmer.

Jede Menge Nostalgie und Jugenderinnerungen prägten die Stimmung im Saal, ausgelöst von einer echten Fan-Band, die seriös, ehrlich und sympathisch ihren Auftrag erfüllte. Natürlich: Die durchdringende Stimme von Phil Collins hat Alex van den Berg nicht, der Gesang war zeitweise etwas drucklos. Die älteren Stücke mit ihren raffinierten Instrumentalparts kamen insgesamt besser zur Geltung, als die kürzeren Hits der Spätphase. Diesen fehlte in der Geneses-Version doch der hochkomprimierte, kristallklare Hit-Fabriken-Sound der CD; „Follow Me” litt unter einer vocale Schieflage, dafür überzeugte das Uraltstück „I Know What I Like” in jeder Hinsicht, ein wirkliches Highlight, was man auch von „Jesus, he knows me” und „Los Endos” sagen kann. Ein stimmungsvolles, spieltechnisch interessantes Konzert, nicht nur für Genesis-Experten geeignet.